Aktualisiert am 16. Januar 2021 von Tobias

Brauchen wir wirklich einen Fahrradanhänger? Diese Frage haben wir uns vor mehr als fünf Jahren gestellt. Unser ältestes Kind war gerade neu geboren. „Vielleicht?!“ lautete unsere vorsichtige Antwort. Vier Wochen später war mir klar, dass ich nicht die nächsten zwölf Monate überall hin laufen möchte. Aus einem unsicheren „Vielleicht“ wurde ein deutliches „Ja! Unbedingt. Sofort!“ Aber welchen? Und ab wann dürfen Babys überhaupt mitfahren? Nach einem krisenhafter Selbsterkenntnisprozess habe ich meine Antworten gefunden und dank einer Fehleinschätzung vier Jahre später nochmals überdenken müssen. Hier also die Zusammenfassung meiner ganz persönlichen Erkenntnisse.

Welcher Anhänger passt zu mir?

Mit dem neuen Fahrradanhänger unterwegs.

Welcher Fahrradanhängertyp bin ich? Natürlich ein Chariot! Oder doch nicht? Damals wie heute (auch wenn sie jetzt Thule heißen) waren Chariot-Anhänger DIE Wahl für Familien, die es wirklich ernst meinen. Für solche, die wirklich etwas vorhaben. Joggen, Wandern, Skaten, Skifahren, Fahrrad fahren. Sind das nicht die Mindestanforderungen an einen Fahrradanhänger? Und dann war da noch das unschlagbare Argument der Sicherheit. Sicher und bequem sitzen – von der Babyhängematte bis zur Schuleinführung. Doch sind sie wirklich sicherer als andere Anhänger? Beim lesen verschiedenster Testberichte aus undurchsichtigen Quellen kam ich zur Erkenntnis: Sie sind gar nicht unbedingt sicherer. Im Grunde waren 2012 die stärksten Kokurrenten Burley, Croozer und sogar Queridoo vergleichbar in punkto Sicherheit. Das entscheidende Sicherheitsmerkmal war die Lichtanlage (ein schönes Wort für ein bateriebetriebenes Rücklicht mit Halterung), die man bei Chariot optional dazuzukaufen konnte (Wie so vieles) und die bei Burley zur Ausstattung sogar dazugehört. Material und Verarbeitung stimmte bei allen. Überrollschutz und Dreipunktegurt gehörten auch zur Grundaustattung. Eine feste Bodenwanne war den meisten offensichtlich nicht so wichtig, denn die haben alle bliebten Modelle zugunsten des Gewichts nicht.

Entscheidung, die Erste

Egal. Ich will trotzdem einen Chariot. Oh, so teuer sind die. Na dann, eben gebraucht. Ist eh ökologischer und bei der guten Verarbeitung hält der auch noch lange. Oh, auch noch so teuer. Also fast so teuer wie neu, dafür aber mindestens drei Jahre alt. Mmh. Dann ein Burley! Mist, den gibt es gebraucht fast nicht! So viel Fahrrad fahren wir ja nun auch wieder nicht (böser Irrtum!), dann kaufen wir doch einen neuen Queridoo. Der ist neu immer noch billiger als ein gebrauchter Chariot. Ich kann ihn einfach bestellen und in 10 Tagen steht er vor meiner Tür. Meine Wahl „Sportkid 2“ (hier ein vielleicht verbesserter Nachfolger). Wer kauft schon einen Anhänger für EIN Kind? Den Extraplatz kann ich zum Einkaufen gut brauchen und viel breiter als die Einsitzer sind sie auch nicht. Außerdem kommt ja vielleicht auch bald noch ein Kind. (Übrigens ein Phänomen, dass ich bei vielen beobachtet habe, die einen Einsitzer welcher Marke auch immer gekauft haben.)

Babyschalen-Basteleien

Mit Fahrrad-Anhänger unterwegs auf Tour

Und tatsächlich: 10 Tage später stand der Anhänger vor unserer Tür. Zusammen mit einem sich drehenden Walking-Rad. Im Paket sah er ein bisschen flach aus. Mit wenigen Handgriffen habe ich ihn auseinandergeklappt und werkzeuglos mit Bolzen befestigt. Räder aufgesteckt und den Schiebegriff angebracht. Fahne eingesteckt und fertig. Ein vollständiger Anhänger stand vor mir. Für Menschen, die Herausforderungen suchen, sogar ein bisschen zu leicht 😉 Soweit so gut. Leider war mein Baby gerade mal vier Wochen alt und kein Wunderkind. D.h., ich brauchte eine Alternative zur Babyhängematte, die es für Croozer und Chariot gab, aber nicht für Queridoo. Die Alternative lautete Weber Babyschale. Für den Preis hatte ich einen hübsch gepolsterten Kinder-Luxussitz erwartet. Es handelt sich allerdings einfach nur um ein praktisches Stück Styropor mit dünnem Kunstfellüberzug. An der Rückseite befinden sich oben, mittig und unten Befestigungsmöglichkeiten für Spanngurte (in jedem Baumarkt erhältlich). Endlich eine Herausforderung: Wie befestige ich die Babyschale mit den Spanngurten im Anhänger, so dass mein Kind im richtigen Winkel liegt und dabei nicht am Verdeck klebt. Ich habe dieses Spiel für Kind eins und Kind zwei und drei gespielt. Die gute Nachricht: Es gibt immer eine Lösung. Wenn auch jedes Mal eine andere. Die schlechte Nachricht: Die Lösungsfindung dauerte mindestens eine Stunde und brachte mich immer wieder ins Schwitzen.

Elende Kuppelei!

Nun hatte ich einen Anhänger mit Babyschale. Wie bekomme ich den ans Fahrrad? Mit einer Kupplung, nach klar. Ein einfaches Stecksystem mit einem Bolzen, der mit einem Metallring abgesichert ist. Die Kupplung ging bei mir super leicht an der Fahrradachse zu montieren. Dieses Mal mit entsprechendem Werkzeug. Beim meinem Mann allerdings nicht. Er hat ein Schnellspannsystem und das Gewinde war zu kurz. Also mussten wir im Fahrradladen einen längeren Gewindestab besorgen. Danach war das auch kein Problem mehr. Wir haben uns an das umständliche, wenn auch werkzeuglose An- und Abschrauben des Walking-Rads gewöhnt. Und auch das Öffnen der Bolzenklammer war machbar (für mich, jedoch nicht für die Oma), wenn die Finger einigermaßen warm waren. Na klar, es war eben doch kein Luxusmodell.

Ab welchem Alter darf das Kind in den Fahrradanhänger?

Schlafendes Kind im Fahrradanhänger

Nun hatte ich einen Anhänger mit Babyschale an meinem Fahrrad. Dann kamen die Zweifel. Die exisitenzielle Grundfrage der Mütter – egal um welche Entscheidung es sich handelt: Bin ich eine schlechte Mutter, wenn ich mein wenige Wochen altes Baby auf Abgashöhe in einen Fahrradanhänger setzte, um mit 15km/h über unebene Fahrradwege zu hubbeln? Leider kann diese Frage nur jeder für sich selbst beantworten. Ab wann kann ich mit Babys Anhänger fahren? Ich habe noch zwei Wochen gewartet, bis ich das Gefühl hatte, dass unser Mädchen seinen Kopf schon richtig gut hält. Zur Sicherheit habe ich dann noch einen Kleinstkind „Einsatz“ („Sitzverkleinerer“, im Grunde nur ein Polster um den Kopf drumherum) für die Weberschale gekauft und bin gestartet. Unser Kind war da gerade so sechs Wochen alt. Für mich war das ein großer Moment der Freiheit. Endlich wieder Fahrrad fahren. Und die Kleine fand es gut. Zumindest wirkte sie nach anfänglicher Skepsis ganz zufrieden in ihrem Anhänger. Für sie war das Wichtigste, dass er sich bewegt. Mit jedem weiteren Kind habe ich es genauso gemacht. Sechs Wochen gewartet und dann ab in den Anhänger. Zu unserem Glück hatten wir – vielleicht auch durch die frühe und konsequente Gewöhnung – bisher nur Kinder, die gern im Anhänger gefahren sind. Beim dritten haben wir den Kinderwagen schon vor dem ersten Geburtstag verkauft.

Anhänger-Routine und Anhänger-Ende

Mit Fahrradanhänger auf norwegischer Berghütte

Bis unser zweites Kind fast drei Jahre alt war, sind wir so ziemlich jeden Tag mit diesem Anhänger im Sommer wie im Winter unterwegs gewesen und waren zufrieden. Nur Menschen, die ihren Anhänger häufig umbauen wollten, habe ich eher abgeraten. Dann knickte bei einem unspektakulären Wendemanöver (schiebend) die Achse des rechten Rads weg. Leider ein Totalschaden bei diesem älteren Queridoo Modell. Bei Chariot wäre das Rad tatsächlich ersetzbar gewesen. Schade, dass wir ein drittes Kind erwartet haben. Sonst hätte der Anhänger lange genug durchgehalten. So haben wir tatsächlich 4 Jahre später noch einen gebrauchten Chariot (kein Thule) gekauft. Die dazugehörige Weberkupplung ist viel besser an und ab zu machen. Die Steckräder kann sogar die Oma umbauen. Aber sonst ist der Anhänger nicht besser und nicht schlechter als unser erster. Wenn ich den Kleinsten im Anhänger lümmeln sehe, denke ich manchmal wehmütig, dass die aufrechtere Sitzposition im Sportkid 2 irgendwie gesünder aussah. Und da wir vorbildlich Fahrradhelme auch beim Anhängerfahren tragen, klemmt der Kopf unseres Jüngsten manchmal ein bisschen zwischen den Gurten an der Rücksitzbank. Er beschwert sich darüber erstaunlicherweise nicht. Das bin nur ich, die sich wundert. Heute fahren die Großen lieber auf dem Kindersitz mit, weil man da mehr sieht. Aber das ist ein anders Thema.

Sonntags-Ausflug mit Fahrradanhänger

Versöhnt

Ich glaube, dass sich bei Chariot durch die Übernahme durch Thule einiges verändert hat. Am meisten die Kompatibilität von Bauteilen (Verkaufsstrategie). Das ist schlecht für die gebrauchten Modelle und entsprechende Ersatzteilbeschaffung. Auch Queridoo hat sich in den letzten Jahren ziemlich entwickelt und einige Kompliziertheiten abgelegt und das Design interessanter gestaltet. Von Burley sieht man bei uns immernoch eher selten Anhänger. Obwohl Freunde rausbekommen haben, dass Burley-Anhänger schmaler sind als die anderen. Sie passen angeblich auch durch 80 cm Standart-Türen. Wir für unseren Teil haben beim Erstkauf wohl unterschätzt, wie viel wir im Alltag Fahrrad fahren, auch wenn es im Durchschnitt höchsten 40 min am Tag sind. Wir hoffen, dass der Chariot nun noch zwei Jahre mitmacht. Dann verkaufen wir ihn vielleicht nicht mit Gewinn, aber vermutlich auch ohne Verlust weiter. Und bisher scheinen auch unsere Kinder im mittelfristigen Test den frühen Fahrradtransport unbeschadet überstanden zu haben.

 
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3 Kommentare

Nico · 21. März 2019 um 11:02

Wir haben damals ein KinderCar bzw KidsTourer genommen vor allem wegen der Alu Schale und sind sehr zufireden im Sommer ersetzt er zusammen mit Pedilec und Fahrradkindersitz ein Auto

JuMa · 16. September 2019 um 22:02

Hallo Diana, danke für deinen Artikel. Wir haben zwei Kinder (3 und 5). Bald kommt unser drittes Kind zur Welt. Bislang waren wir jeden Tag mit dem Thule Chariot Cougar unterwegs und sehr zufrieden. Nur leider zeigt der nun langsam Ermüdungserscheinungen. Ausserdem gibt es ja bekanntlich kein Model, in das drei Kinder passen. Wir fragen uns, ob die Anhängerzeit damit endgültig vorbei ist, weil unsere Kinder nun zu gross sind? Müssen wir jetzt etwa ein Auto kaufen???? Wie habt ihr dieses Problem gelöst? Für Tipps wäre ich dankbar. Liebe Grüsse JuMa

    Diana · 19. September 2019 um 22:28

    Hallo JuMa,

    eine schnelle Antwort auf die Frage: „Müssen wir jetzt etwa ein Auto kaufen?“ lautet „Nein, zumindest haben wir immer noch kein Auto.“ Tatsächlich haben wir zwei Strategien. Unsere ehrgeizig-optimistische Variante lautet: die größeren Kinder (aktuell 4+5) fahren mit Fahrrad und/oder Laufrad. Diese Methode hat Grenzen, selbst bei Strecken auf Kleinstadtniveau (unter 10 km/Tag), haben die Kinder doch nicht bei jedem Wetter und jeder Stimmungslage Lust darauf. Ich glaube für Menschen in großen Städten ist Methode eins zum Teil unrealistisch, weil die Strecken weiter sind und der Verkehr ein größeres Risiko darstellt. Da wäre dann Variante zwei zu empfehlen -von uns auch häufig praktiziert- Fahrradanhänger und Kindersitz kombinieren. Fast alle unsere Fahrräder sind mit Anhängerkupplung und mindestens Adapter für einen Kindersitz ausgestatt. Der Kindersitz unserer Wahl ist der Yepp-Kindersitz von Thule. Er lässt sich werkzeuglos von Fahrrad zu Fahrrad wechseln, die Einstellung von Gurten, Fußstützen und Co für Kinder verschiedener Größen geht schnell und die Plastikoberfläche mit Löchern ohne Polster ist pragamatisch bei allen Wetterlagen. Aus nostalgischen Gründen habe ich noch ein Fahrrad mit einem Kindersattel auf der „Fahrradstange“ (wie zu Ostzeiten …) Natürlich mit Speichenschutz am Vorderrad. Der Sitzplatz ist bei den Kindern am beliebtesten, weil sie vorn sitzen, den Fahrralenker anfassen und quasseln können. Allerdings merken wir, dass unsere Große langsam sowohl für Fahrradanhänger als auch für Kindersitz langsam zu groß und zu schwer wird.
    Ist natürlich dann einiges an Gewicht, was man dann als Eltern-Anstrieb zu bewegen hat.
    Ich wünsche euch schon mal eine schöne Zeit zu fünft und wäre gespannt, wie ihr euch entscheidet bezüglich Auto ja/nein.
    Diana

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